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Was es damit auf sich hat
Was viele nicht wissen: Neben Organen kann auch bestimmtes Gewebe gespendet werden – manchmal sogar im Rahmen einer Lebendspende. Wir klären über die Möglichkeiten der Gewebespende auf.
Krankheiten oder Unfälle können dazu führen, dass ein Mensch eine Gewebespende braucht. Tatsächlich werden Gewebe weit häufiger als Organe transplantiert. Grundsätzlich hat die Organspende Vorrang vor einer Gewebespende – es wird also z. B. bevorzugt das komplette Herz eines Spenders zur Transplantation entnommen als nur die Herzklappen. In manchen Fällen kann ein Organspender aber sowohl Organe als auch Gewebe spenden.
Der große Vorteil an Gewebespenden ist, dass sie anders als Organe nicht sofort transplantiert werden müssen. Stattdessen werden sie konserviert und gelagert, bis sich ein geeigneter Empfänger findet. Außerdem können viele Gewebe – anders als Organe – auch dann noch entnommen werden, wenn das Herz-Kreislauf-System des Verstorbenen zusammengebrochen ist und keine künstliche Beatmung erfolgen konnte. Genau wie bei Spenderorganen bedeuten auch Gewebespenden für Empfängerpatienten häufig eine deutliche Verbesserung der Lebensqualität oder sogar eine Lebensrettung.
Um die 6000 Augenhornhäute werden jährlich in Deutschland transplantiert. Das kann notwendig werden, wenn die Hornhaut eines Menschen getrübt ist oder verletzt wurde. Eine Transplantation kann eine Erblindung verhindern. Da die Augenhornhaut vom eigenen Immunsystem kaum als Fremdkörper wahrgenommen wird, sind die Erfolgsaussichten einer Transplantation relativ hoch.
Art der Spende: ausschließlich postmortal
Erkrankungen der Herzklappen können die Funktionstüchtigkeit des Herzens beeinträchtigen. Wenn die Herzklappen sich nicht mehr richtig schließen bzw. öffnen, ist eine Transplantation angeraten. Gut zu wissen: Erhält ein Patient ein Spenderherz, können die Herzklappen des eigenen, entnommenen Herzens weitergespendet werden, sofern sie noch intakt sind.
Art der Spende: postmortal oder Lebendspende (bei Spenderherz-Empfängern)
Blutgefäße können verkalken und damit verstopfen, zum Beispiel in Folge von Diabetes, Bluthochdruck, Fettleibigkeit oder Rauchen. Gerade bei den Blutgefäßen in Herznähe ist das sehr gefährlich und kann zum Tod führen. Als Ersatz können Arterien und Venen von Gewebespendern oder vom betreffenden Menschen selbst transplantiert werden. In letzterem Fall werden dem Patienten Arterien bzw. Venen an anderer Stelle des Körpers entnommen und an der benötigten Stelle wieder eingesetzt.
Art der Spende: postmortal oder Lebendspende
Auch wenn Knochen zu den stabilsten Bestandteilen unseres Körpers gehören, können sie durch Unfälle, Entzündungen oder Tumore nachhaltig geschädigt werden. In manchen Fällen kann eine Knochenspende Abhilfe schaffen und den Patienten z. B. vor der Amputation der betroffenen Gliedmaße bewahren. Transplantiert werden können Röhrenknochen von Armen und Beinen sowie Teile des Beckens und ganze Gelenke. Bei Knochen- Lebendspenden handelt es sich um entfernte Teile des Hüftknochens von Patienten, die ein künstliches Hüftgelenk erhalten haben.
Eine Transplantation von Sehnen und Bändern kann helfen, die Beweglichkeit von Gelenken nach Sehnen- oder Bänderrissen zu erhalten und damit eine Versteifung der Gelenke zu verhindern. Wie bei den Blutgefäßen können Sehnen und Bänder auch als Eigen-Lebendspende innerhalb des eigenen Körpers versetzt werden.
Art der Spende: postmortal oder Lebendspende (nur bei Eigengewebespende)
Durch Unfälle kann die Haut so großflächig beschädigt werden, dass sie nicht mehr heilen kann – etwa durch Verbrennungen oder Kontakt mit Säure. Aber auch Krankheiten wie Tumore können großflächige Hautschädigungen hervorrufen. Da die Haut als natürliche Schutzbarriere unseres Körpers dient, ist in solchen Fällen eine Hauttransplantation dringend notwendig. Grundsätzlich kann Eigenhaut von anderer Stelle des Körpers genutzt werden – bei großen Flächen ist das jedoch nicht praktikabel, sodass Hautgewebe von verstorbenen Organ- und Gewebespendern zum Einsatz kommt.
Zur Behandlung von Verbrennungswunden bei Kindern, chronischen Wunden und oberflächlichen Verletzungen an Binde- oder Hornhaut des Auges kann auch Eihaut (Amnion) eingesetzt werden. Diese stammt aus der Plazenta und kann von Müttern nach einer Kaiserschnittgeburt gespendet werden. Die Eihaut fördert die Wundheilung und kann Schmerzen reduzieren.
Art der Spende: Lebendspende
Inselzellen finden sich in der Bauchspeicheldrüse und sind für die Produktion von Insulin zuständig. Dieses wird benötigt, um den Zucker im Blut abzubauen. Bei Diabetikern ist die Funktion der Inselzellen gestört, weshalb in schweren Fällen eine Bauchspeicheldrüsen-Transplantation nötig sein kann. Alternativ können einer gespendeten Bauchspeicheldrüse auch einfach die Inselzellen entnommen und dem Empfänger eingesetzt werden.
Art der Spende: postmortal
Stammzellenspender können für an Blutkrebs Erkrankte die letzte Rettung sein. Eine Möglichkeit, diese Stammzellen zu gewinnen, ist die Knochenmarkspende: Hierbei wird der Spender in Vollnarkose versetzt und Knochenmark aus dem Becken entnommen. Stammzellen können aber auch aus dem Blut gewonnen werden: Hierfür wird dem Spender Blut abgenommen und die Stammzellen herausgefiltert, woraufhin das restliche Blut wieder in den Körper des Spenders zurückgeführt wird.
Bei postmortalen Spenden: Genau wie bei der Organspende muss erst der Hirntod des Patienten zweifelsfrei festgestellt werden. Hat der Verstorbene vor seinem Tod einer Organ- und Gewebespende zugestimmt (bzw. bei Nichtvorliegen einer Entscheidung die Angehörigen), dürfen geeignete Gewebe entnommen werden.
Bei Lebendspenden: Der Spender wird über Risiken etc. aufgeklärt und muss der Spende zustimmen.
Während Organe möglichst schnell nach der Entnahme transplantiert werden müssen, können Gewebe bis zur Vermittlung auch einige Zeit lang aufgehoben werden. Dazu werden sie nach der Entnahme in Gewebebanken konserviert und aufbewahrt.
Anders als bei Organen gibt es für Gewebetransplantationen keine zentralen Wartelisten. Die jeweiligen Gewebebanken entscheiden nach Dringlichkeit und Erfolgsaussichten, welchem Patienten welche Gewebespenden zugeteilt werden. Die meisten Gewebebanken in Deutschland sind gemeinnützig, also ohne finanzielle Interessen hinsichtlich der Weitergabe der Gewebe.
Wie bei der Entnahme von Spenderorganen gehen die Ärzte auch bei der Entnahme von Gewebespenden stets gewissenhaft vor. Dabei wird in jedem Fall dafür gesorgt, dass der Körper des Verstorbenen nach der Operation sorgfältig verschlossen wird. Bei einer Augenhornhautspende wird dem verstorbenen Spender zudem ein farblich passendes Augenimplantat eingesetzt, sodass der Gesichtsausdruck vollständig erhalten bleibt.
Quellen: organspende-info.de | gewebenetzwerk.de